Nachdem der Direktor der örtlichen Grundschule uns darum bat, Englischunterricht an der Schule zu geben und wir ausreichend Platz im Terminkalender geschaffen haben, sind wir nun seit Anfang Juni als „Teacher Anne“, „Teacher Marc“ und „Teacher Sam“ an der Schule tätig.
Abhängig davon, ob wir in der 3., 4., 5. oder 6. Klasse (Die Grundschule geht hier von der 1. – 6. Klasse) unterrichten, warten mal 30, mal 40 oder auch schon mal über 50 Schüler auf uns. Um kleinere Klassen zu bilden, bräuchte man Lehrer, die sind aber nicht vorhanden. Der Direktor berichtet uns, dass er für das kommende Schuljahr zwei weitere Lehrer beantragt hat, aber er weiß nicht, ob dem Antrag statt gegeben wird. In Deutschland würden die Eltern wohl auf die Barrikaden gehen, wenn ihr Kind in solch großen Klassen unterrichtet werden würde. Denn Bildung gilt ja, in meinen Augen auch zu Recht, als hohes Gut, dass man seinem Kind ja ermöglichen will. Und in einer Schulklasse sinkt mit steigender Quantität der Schüler wohl eher die Qualität des Unterrichtes. Hier aber sind die Eltern entweder froh, dass ihre Kinder überhaupt etwas Bildung bekommen, oder aber, dass die Eltern wenigstens ein paar Stunden Ruhe zu Hause haben. Unabhängig davon bringen die Kinder selber zumindest zum Englischunterricht meist eine gute Motivation zum Lernen mit. Wobei auch diese mit zunehmendem Alter geringfügig abnimmt. Mag aber auch daran liegen, dass der ein oder andere auch nach der 6. Klasse seine Schullaufbahn beendet. Offiziell besteht zwar Schulpflicht, die aber nur bedingt effektiv ist, wenn diese niemand kontrolliert. Die Verantwortung liegt da wohl bei den Eltern und wenn die nach 6 Schuljahren meinen ihr Kind habe genug gelernt und kann jetzt mit auf dem Feld arbeiten, dann war’s das mit Schule. Dies trifft aber sicher nur vereinzelt zu.
So unterrichten wir meist wissbegierige Schüler in weißen Hemden oder Blusen und schwarzen Hosen bzw. Röcken. Sie sind in ein und derselben Klasse und haben dennoch einen Altersunterschied von bis zu 5 Jahren, weil der eine halt erst im Alter von 10 und der andere im Alter von 5 eingeschult wird. Sie sitzen an ihren Sitzbänken, mal alleine, mal zu zweit und auch schon mal zu dritt, wenn sonst kein Platz mehr da ist. Sie erheben sich, wenn wir den Klassenraum betreten oder verlassen oder wenn sie dran genommen werden und was sagen. Wenn wir sie bitten sich zu setzen, heißt es „Thank you teacher“. Die Schulbildung mag dürftig sein, was die Schüler aber zu lernen scheinen, ist ein respektvoller Umgang gegenüber Autoritätspersonen.
Eine Unterrichtsstunde pro Woche unterrichten wir die jeweiligen Klassen. Manche Unterrichtsmethode, wie etwa, dass einzelne Schüler dran genommen werden, dass es Arbeitsblätter gibt, dass wir Rollenspiele machen, dass wir mal singen, aber auch, dass wir den Schülern nicht alles vorgeben, sondern sie auch mal selbstständig arbeiten müssen, scheint den Schülern fremd. Auch Hausaufgaben scheinen eine Neuheit zu sein, die wir den Kindern aber in dossierter Form zumuten. Nach ein paar Erklärungen klappen die unterschiedlichen Aufgaben meistens aber echt gut. Bis auf die Hausaufgaben, die scheinen noch Probleme zu bereiten, aber das mag ja nicht unbedingt mit mangelndem Verständnis zu tun haben. Viele Unterrichtsmethoden sind auf Grund der kulturellen Unterschiede und dem differenzierten Lerngewohnheiten, für uns auch ein Experiment. Wir lernen also nun auch erstmalig, was mit den Schülern möglich ist und was nicht und was in Zukunft umsetzbar zu sein scheint.
Übrigens bekommen wir zu unseren Unterrichtsstunden immer einen kalten Drink von der „Kioskbesitzerin“ serviert. Der Kiosk sind ein paar Holzpfeiler über die eine Plane geworfen ist und worunter Süßigkeiten, Snacks und Getränke verkauft werden. Die Kioskbesitzerin ist während der Unterrichtsstunden übrigens Lehrerin der 4. Klasse.